20 Jahre Samhathi

„Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe
engagierter Menschen die Welt verändern kann –
tatsächlich ist dies die einzige Art und Weise,
in der die Welt jemals verändert wurde.“

Margaret Mead (amerikanische Ethnologin, 1901 – 1978)

Eine sehr kleine Gruppe sehr engagierter Menschen war es, die 1994 die Arbeit für Samhathi aufnahm: das deutsche Ehepaar Ursula und Paulus Flück und der junge indische Priester Jacob Paliath. Mit dem Ziel, Kindern und Jugendlichen aus armen, unterprivilegierten Familien durch fundierte Bildung zu einer besseren Zukunft zu verhelfen. Die Flücks begannen in ihrem Freundeskreis Geld zu sammeln, Father Jacob eröffnete das erste Study Centre.

Willst Du für ein Jahr vorausplanen, so baue Reis.
Willst Du für ein Jahrzehnt vorausplanen, so pflanze Bäume.
Willst Du für ein Jahrhundert vorausplanen, so bilde Menschen.

Tschuang-Tse (chinesischer Philosoph und Dichter, 290 – 365 v. Chr)

Heute – 20 Jahre später – existieren immer noch einige der damals gegründeten Lernzentren für Grundschüler.

Und darüber hinaus:

  • unser Schülerheim, in dem ca. 80 Kinder aus armen Familien wohnen und bis zu ihren Final Exams beim lernen unterstützt werden
  • der Study Fond, der unseren mittlerweile über 20 Absolventinnen die nötigen finanziellen Mittel für Weiterbildung in Colleges oder Universitäten ermöglicht
  • ein Institut für Erwachsenenbildung (Business English, Buchhaltung, Computerkurse, Personal Coaching…), das u.A. Jobsuchenden zum Einstieg in ein qualitativeres Berufsleben verhelfen soll
  • Eine Schreinerwerkstatt in der junge Männer zu Tischlern und Frauen zu Acryl-Verarbeitung ausgebildet werden.
  • das neue Organic Farming College, das derzeit bereits hunderte Familien zu „Biobauern“ umschult – mit dem Ziel der Selbstversorgung und Einnahmen durch zentralen Vermarktung ihrer hochwertigen Produkte
  • Laufende Schulungen und Info-Veranstaltungen für die Samhathi Frauen Selbsthilfe Gruppen

Wenn Sie in der Politik etwas gesagt haben wollen,
wenden Sie sich an einen Mann.
Wenn Sie etwas getan haben wollen,
wenden Sie sich an eine Frau.

Margaret Thatcher

Bei Samhathi sind es mittlerweile über 10.000 Frauen, organisiert in über 900 Frauen Selbsthilfe Gruppen, die etwas getan haben: sie haben aktive Gesellschafts-Politik gemacht. So erfolgreich, dass das System von der Unesco übernommen und in andere Teile Indiens exportiert wurde.

Die ersten Frauengrüppchen trafen sich 1996 auf Initiative von Father Jacob noch scheu in der Kirche, um sich über ihre Probleme auszutauschen. Wo anders wäre das damals nicht denkbar gewesen. Heute ist es ein Netzwerk starker, selbstbewusster Frauen, die regelmäßig privat in der Gruppe zusammen kommen. Sie haben das Schicksal ihrer Familien in die Hand genommen und unterstützen sich gegenseitig. Durch die Mitgliedsbeiträge, die sie wöchentlich einzahlen, durch Mikro Kredite oder auch durch kleine Geschäftszweige, die sie in der Gruppe aufgebaut haben.

Was diese Frauen für die Gesellschaft leisten geht aber mittlerweile über Selbsthilfe weit hinaus. Sie bilden die Basis für die wichtigsten Samhathi Projekte. Nur mit ihnen war es z.B. möglich die großen Samhathi Gesundheits-Projekte zu realisieren.

Die Gesundheit ist zwar nicht alles,
aber ohne Gesundheit ist alles nichts.

Arthur Schopenhauer

Kerala verfügt im innerindischen Vergleich über eines der besten Gesundheits-Systeme. Da Arztbesuche und Behandlungen kostenpflichtig sind, fallen die ärmsten der Armen trotzdem durch. Im 2. Jahrzehnt seines Bestehens konnte Samhathi dank seines starken Networks dieses eminente Problem hocheffizient angehen.

  • 2007 wurde mit finanzieller Unterstützung der Austrian Development Agentur und fachlicher Beratung durch das Kinderkrankenhaus Mödling das Kindergesundheits-Projekt KIGE ins Leben gerufen. Mit einer mobilen Ambulanz fuhren Ärzte und Krankenschwestern in die Dörfer, um dort Kinder zu untersuchen und zu behandeln. Die Organisation erfolgte durch die örtlichen Frauengruppen. Das Projekt war so erfolgreich, dass es 2013 von den Kommunen übernommen wurde.
  • 2008 startet Samhathi sein Palliative Care Projekt: Hunderte zu Pflegerinnen ausgebildete Volunteers aus den Frauengruppen betreuen schwerst kranke Menschen, die sich ärztliche Behandlung nicht leisten können. Bei Bedarf werden Krankenschwestern und Ärzte angefordert, die mit mobilen Ambulanzen unterwegs sind. Mittlerweile können so an die 2500 Patienten im Raum zwischen Kochi und Alleppey regelmäßig durch Samhathi behandelt werden.

Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche,
und plötzlich schaffst du das Unmögliche.

Franz v. Assisi

2014 startet Samhathi sein bisher ehrgeizigstes, revolutionärstes aber auch nachhaltigstes Projekt. Organic Farming.

Der größte Teil der armen Familien, die von Samhathi – auch im Zuge des My Indian Family (MIF) Projekts – betreut werden, sind arme Fischer, denen durch den industriellen Hochsee Fischfang die Lebensgrundlage genommen wurde. An den Küsten gibt es kaum mehr Fische, aber ungenutztes Land ist im Übermaß vorhanden.

Mit groß angelegter Unterstützung der Deutschen Organisation DESWOS, sowie des Deutschen Bundesministeriums für Entwicklung und Zusammenarbeit, des Keralesischen Landwirtschaftsministeriums und lokalen Agrarwissenschaftlern werden Fischer bzw. deren Frauen zu Biobauern umgeschult. Mit den 4 Standbeinen Obst- und Gemüseanbau – Milchwirtschaft – Viehzucht – Fischzucht können die neuen Bauern nicht nur die Eigenvorsorge sichern, sondern darüber hinaus durch zentrale Vermarktung ihrer hochwertigen Produkte ihren Lebensstandard dramatische verbessern.

Es ist immer noch eine sehr kleine Gruppe sehr engagierter Menschen, die diese vielen Projekte stemmen und so nicht nur die Welt der Menschen in ihrem Einzugsgebiet verbessern, sondern beispielgebend für weitere Regionen in und um Kerala sind.

Father Jacobs Videobotschaft zu „20 Jahre Samhathi“